Drei Fragen an Forscher:innen am Institut für Antike
Drei Fragen an Ursula Gärtner
Professorin für Klassische Philologie/Latinistik, Institut für Antike
Womit beschäftigt sich eine Professorin für Klassische Philologie/Latinistik eigentlich genau?
Oft werde ich gefragt, was ich eigentlich mache; die alten Texte aus der Antike müssten ja schon längst alle übersetzt sein. Tatsächlich übersetzen wir auch heute noch Texte; denn viele Bücher sind noch nicht übersetzt, oder die Übersetzungen sind veraltet und können die interessanten Aussagen der Texte nicht mehr in unserer Gegenwart vermitteln. In vielen Fällen muss auch der Originallaut der Texte erst mühsam ermittelt werden. Vor allem aber möchte ich die Texte und ihre Machart verstehen, interpretieren und gemeinsam mit Studierenden, Schüler:innen, Kolleg:innen und allen Interessierten darüber diskutieren, was sie wohl einst zu sagen hatten und wie wir dies heute verstehen können. Zurzeit beschäftige ich mich mit Fabeln. Warum spricht ein Wolf eigentlich?

Schlägt Ihr Herz mehr für die Forschung oder die Lehre?
Ich lehre sehr gerne; insbesondere die angeregten Diskussionen in den Seminaren, sei es über die Liebeslehren Ovids, sei es über Ciceros Philosophie, gehören zu den beglückenden Momenten in meinem Beruf. Im Trubel des Semesters bleibt aber oft keine Zeit, den eigenen Forschungen vertieft nachzugehen; das kann man in einem der ersehnten Forschungssemestern tun, und dies sind höchst befriedigende Zeiten, wenn man sich in Ruhe einer Frage widmen und zu einer Lösung gelangen kann. Doch stellt man nach einiger Zeit fest, dass einem der lebendige Austausch fehlt. Nicht gefragt wurde hier nach dem dritten Teil meiner Arbeit, der Verwaltung, die immense Zeit verschlingt, immer mehr zu werden droht und eher die Pflicht als die Kür ist.
Was ist das Lustigste, was Ihnen bisher im Lehrsaal passiert ist?
Als ganz junge Assistentin in Leipzig kurz nach der Wende war es meine Aufgabe, ehemalige Russischlehrer:innen zu Lateinlehrer:innen umzuschulen – das Durchschnittsalter lag gefühlt bei 55 Jahren. Um den Begriff der Captatio beneuolentiae zu erklären, zitierte ich den Beginn einer Cicero-Rede, wo dieser – etwas verkürzt – sagt: „credo ego uos, iudices, mirari quid sit quod ego potissimum surrexerim, is qui neque aetate neque ingenio neque auctoritate sim cum his qui sedeant comparandus – Ich glaube, ihr Richter, ihr fragt euch, warum ausgerechnet ich mich erhoben habe, der ich weder an Alter noch an Begabung noch an Autorität mit denen, die hier sitzen, vergleichbar bin.“ – Selten wurde in diesem Lehrsaal so laut gelacht.